19. Türchen im Netzwerkfrauen-Adventskalender

19. Dezember 2018 / Autor: Karin Winklhofer

In unserem Adventskalender finden sich (Lebens)geschichten von Frauen und Mädchen mit Behinderungen.
Unsere ehemalige Praktikantin, Helen Groß, hat diese Frauenportraits aus aller Welt (teilweise auch der fiktiven Welt) und den verschiedensten Jahrhunderten gesammelt und aufgeschrieben.

Hinter dem heutigen Türchen verbirgt sich

 

Shekiba (fiktive Romanfigur)

 

Cover des Buches "Hinter dem Regenbogen" von Nadia Hashimi. Erschienen im Verlag Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch). ISBN-13: 978-3404176090. Originaltitel: The Pearl that Broke its Shell

Erschienen im Verlag Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch). ISBN-13: 978-3404176090. Originaltitel: The Pearl that Broke its Shell

 

Shekiba ist eine fiktive Romanfigur, gepaart mit wahren Fakten der Geschichte Afghanistans und dessen Bevölkerung.
Der Roman „Hinter dem Regenbogen“ entsprang der Feder Nadia Hashimis. Sie erzählt die schillernde Geschichte zweier Frauen. Eine davon ist Shekiba.

 

Shekiba erzählt ihre Geschichte hier sozusagen selbst:

Mein Name ist Shekiba, das bedeutet in meiner Muttersprache „Geschenk“ oder auch „Geschenk Allahs“. Ich kam in Afghanistan zur Welt.
Als kleines Mädchen verbrannte ich mir eine Gesichtshälfte mit heißem Öl. Damals war ich erst zwei Jahre alt. Das Missgeschick zeichnet mich für mein ganzes Leben. Ich muss sogar sagen: Dieser Unfall stellte mein Leben auf den Kopf, denn von diesem Tag an war ich das Mädchen mit dem halben Gesicht. Die Entstellung meines Gesichts ist in der afghanischen Gesellschaft gleichbedeutend mit dem Erwerben einer Behinderung.

 

Die Cholera ist in meinem Land sehr verbreitet. Die Krankheit verschonte auch meine Familie nicht. Durch sie verlor ich im Alter von 13 Jahren meine Mutter und alle meine geliebten Geschwister. Mein Vater und ich überlebten die Cholera.

 

Von diesem Augenblick an bestellten mein Vater und ich alleine die Felder unserer Familie. Nach dem Tod meines Vaters bewirtschaftete ich die Felder ganz alleine, um überhaupt zu überleben. Gegen meinen Willen nahmen mich meine Verwandten bei sich auf. In Afghanistan ist es eine Schande für die gesamte Verwandtschaft, wenn eine Frau allein lebt. Von meinen Verwandten wurde ich nicht gut behandelt.

Mein Glück war, dass ich eine gute Feldarbeiterin bin. Sie suchten immer nach einer Gelegenheit mich aus dem Haus zu jagen, damit sie nicht mehr für mich sorgen mussten.
Eines Tages verkaufte unser Familienoberhaupt mich als Dienerin, in meiner Kultur auch Muli genannt, in ein Haus der besseren, gehobenen Gesellschaft. Dort fand ich Gefallen daran, mich als Mann zu verkleiden. In meiner Männerkleidung stieg ich auf bis zum Wächter des königlichen Hauses.

 

Die Freiheit, die einem als afghanischer Mann zur Verfügung steht, verführte auch mich. Das Gefühl von Freiheit, ein unbeschreibliches Gefühl für eine afghanische Frau. Doch meine Verkleidung schützte mich nicht ewig vor dem Leben einer Frau in meinem Heimatland. Ich wurde schließlich mit einem ranghohen Mitglied des Königshofs verheiratet.

Es ist bei uns üblich, dass ein Mann mehrere Frauen hat. Ich bin seine Zweitfrau. Das Mutterglück zieht auch in mein Leben ein. Ich schenkte einem gesunden Sohn das Leben. Durch Erzählungen wurde meine Lebensgeschichte an meine Urenkelin weitergegeben, die dadurch ermutigt wird, sich selbst auch aus den Zwängen des Frauendaseins in Afghanistan zu freizukämpfen und am Freiheitskampf der Frauen mitzuwirken.

 

Rahima, die Enkelin

Ist die zweite Frau des Romans, welche in der Rolle eines Jungen zunächst für Mädchen undenkbare Freiheiten genießen kann, doch schließlich mit 13 Jahren an einen mächtigen Warlord verheiratet wird

 

 

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