In München keine Meldepflicht mehr für Assistenten im Arbeitgebermodell

12. Juli 2022 / Autor: Karin Winklhofer

Nach Anfrage der Netzwerkfrauen-Bayern: Änderung der Regelung beim Münchner Gesundheitsamt

 

Seit Mitte letzter Woche verlangt das Gesundheitsamt München nicht länger die Meldung ungeimpfter Assistenzkräfte, welche im Arbeitgebermodell von Menschen mit Behinderung angestellt sind.

Ausgenommen hiervon sind jedoch Assistenten, die über das persönliche Budget finanziert werden ( § 29 des SGB IX) – sie müssen laut den Regeln nach wie vor beim Gesundheitsamt gemeldet werden.

 

Alte (nicht mehr gültige!) Regelung seit 15.3.2022:

Damals nahmen die Netzwerkfrauen-Bayern Kontakt zum Gesundheitsamt München auf, um zu klären welche Rechte und Pflichten Menschen mit Behinderung bezüglich der einrichtungsbezogenen Impfpflicht haben, wenn sie ihre Assistenten im Arbeitgebermodell beschäftigen.

Unsere Frage:
Müssen jene Menschen mit Behinderung, welche ihre Assistenzkräfte im Arbeitgebermodell beschäftigen, ungeimpfte Assistenten beim Gesundheitsamt München melden?

Die Antwort aus dem Gesundheitsamt München:

Im Arbeitgebermodell beschaffen sich die Leistungsberechtigen die durch die Leistungsträger bewilligten Leistungen selber und beschäftigen das erforderliche Personal. Soweit eine Assistenzkraft bereits vor dem 15.03.2022 beschäftigt wird und über diesen Tag hinaus ihre Dienstleistungen bei der Leistungsberechtigten erbringt, muss dieser zum Stichtag ein ausreichender Immunitätsnachweis vorgelegt werden. Erfolgt dies nicht, muss die Leistungsberechtigte dem für Ihren Wohnsitz zuständigen Gesundheitsamt diese Person unter Nennung der personenbezogenen Daten melden.

NEU:

Erneute Anfrage am 5.7.2022:

Auf die Anfrage am 5.7.2022 erhielten wir zunächst die Antwort, dass sich nichts geändert habe und, dass Assistenten ohne Impfschutz gemeldet werden müssen.

Daraufhin verwiesen wir auf eine rechtliche Interpretation durch das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, in der es heißt, dass das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales davon ausgehen, dass Personen, die außerhalb eines auf § 29 SGB IX beruhenden Arbeitgebermodells für die Erbringung entsprechender Dienstleistungen von Privathaushalten beschäftigt werden, nicht der einrichtungsbezogenen Impfpflicht unterfallen.
Entsprechend besteht für deren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nach unserer Auffassung keine Pflicht zur unverzüglichen Benachrichtigung des zuständigen Gesundheitsamts nach § 20a Abs. 2 Satz 2 IfSG,
heißt es in dem Schreiben der zuständigen Fachstelle des Staatsministeriums.

 

Darauf folgend prüfte die Rechtsabteilung des Gesundheitsreferats erneut die Sachlage.

Hier die aktuelle offizielle Stellungnahme vom 5.7.2022:

 

Auf Ihre Nachfrage teilen wir Ihnen folgendes mit:

Wie dem angehängten Schreiben des StMGP und sowie § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 IfSG zu entnehmen, zählen Leistungsberechtigte (Budgetnehmer), die im Rahmen eines persönlichen Budgets nach § 29 des SGB IX Personen im sogenannten Arbeitgebermodell für die Erbringung entsprechender Dienstleistungen beschäftigen, zu den Einrichtungen bzw. Unternehmen, welche von der einrichtungsbezogenen Nachweispflicht erfasst sind.

In diesen Fällen müssen Arbeitnehmer*innen, die keinen entsprechenden Nachweis vorlegen können, gemäß den Vorgaben des § 20a IfSG gemeldet werden bzw. besteht bei Neueinstellungen, die kein entsprechenden Nachweis vorlegen können, bereits ein gesetzliches Tätigkeitsverbot.

Es gibt Einzelfälle, in denen individuell Beschäftigte in Privathaushalten nicht unter die Regelung des § 20a IfSG, fallen. Diese Personen sind demnach nicht von der einrichtungsbezogene Nachweispflicht betroffen. Hierzu zählen zum Beispiel so genannte Alltagsbegleiter*innen, die vielfältige Betreuungsleistungen in Privathaushalten durchführen und nicht dem § 29 des SGB IX unterliegen.

 

In einem persönlichen Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Rechtsabteilung wurde bestätigt, dass die persönliche Assistenz, wenn sie im Arbeitgebermodell selbst organisiert ist und nicht über das persönliche Budget (§29 SGB IX) finanziert wird, nicht unter die einrichtungsbezogene Impfpflicht fällt.

Ungeimpfte Assistenten sind damit in diesem Fall eine persönliche Entscheidung des Assistenznehmers und müssen nicht dem Gesundheitsamt gemeldet werden.

 

Nicht genug Assistenten und uneinheitliche Regelungen

Auch wenn diese Nachricht die Menschen mit Behinderung, die ihre Assistenz im Arbeitgebermodell organisieren erleichtert, die schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt der Assistenten bleibt bestehen, weil es schlichtweg zu wenig qualifizierte Assistenzkräfte gibt.

Besonders unverständlich ist, dass jedes Gesundheitsamt die Gesetze aus dem Bundesgesundheitsministerium unterschiedlich interpretiert. Der Grund hierfür liegt im Gesetz, da die Aufzählung in § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IfSG nicht abschließend ist, so dass grundsätzlich auch weitere, nicht ausdrücklich genannte Unternehmen, die entsprechende Dienstleistungen im ambulanten Bereich anbieten, von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen sein können.

Dies bedeutet große Unsicherheiten für die Assistenznehmer im Arbeitgebermodell!

Ungünstig ist auch die Regelung bezüglich des persönlichen Budgets. Warum hier eine andere Regelung im Gesetz festgelegt wurde, obwohl hier theoretisch ebenso eine 1 zu 1 – Assistenz in einem privaten Haushalt stattfinden kann, ist beim derzeitigen Stand nicht erklärbar.

 

Die Gesundheitsämter sind jedoch nur ausführendes Organ – für klare und gute Regelungen muss der Gesetzgeber sorgen und gegebenenfalls nachbessern.

 

 

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