Wochenrückblick vom 05.05.2023

5. Mai 2023 / Autor: Dunja Robin

Rückblick mit Frau Gräsle auf die Vollversammlung des Landesfrauenrats / Stadtteilcheck „Auf Herz und Rampen Prüfen“ / Gemeinsames Mittagessen mit den Kolleg:innen aus der LAG S

Immer freitags berichten die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle in aller Kürze, womit sie sich in dieser Woche beschäftigt haben.

Rückblick mit Frau Gräsle auf die Vollversammlung des Landesfrauenrats

„Deutschland darf nicht der Puff Europas bleiben“ und „Ein Sexkaufverbot verhindert nicht
automatisch Zwangsprostitution und Menschenhandel“.

So heißt es in der Pressemitteilung des Bayerischen Landesfrauenrates zur aktuellen Vollversammlung, veröffentlicht am 3. Mai 2023.

Zum ersten Mal nahm unsere Referentin für Gewaltprävention, Ummahan Gräsle, allein an der
Vollversammlung teil.
Sie ist im Landesfrauenrat die Stellvertreterin von Dunja Robin,
die wegen einer Terminüberschneidung diesmal nicht mit dabei sein konnte.

Deshalb haben sich die beiden über das wichtige Thema ausgetauscht.

Dunja Robin: „Wir treten ja sonst oft im Doppelpack auf.
Wie war es so für dich ganz allein?
Du hast dich doch nicht etwa gefürchtet?“

Ummahan Gräsle: „Ich habe mich nicht gefürchtet.
Im Gegenteil.
Ich war der Ansicht, dass ich eine klare Meinung zum Thema hätte.
Durch unsere Arbeit im Netzwerk werden wir mit dem Thema hin und wieder mal konfrontiert,
weshalb wir uns regelmäßig darüber austauschen.
Auch die umfangreichen Informationen zur Vorbereitung waren sehr hilfreich.
Allerdings fehlt allgemein das Fachwissen zum Thema Prostitution im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen.
Darüber wird kaum ernsthaft diskutiert.
Wer denkt schon an eine Prostituierte, die im Rollstuhl auf den „Strich“ gezwungen wird?
Wer die Lebenswelten von Menschen mit Behinderungen nicht kennt, könnte ein solches Bild im Kopf haben.“

Dunja Robin: „Und? Gibt es denn nun den blinden im Escort-Service oder die Rolli-Frau im Rotlichtmilieu?“

Ummahan Gräsle: „Das weiß ich nicht.
Was wir aber wissen ist, dass auch Menschen mit Behinderungen ein Bedürfnis nach Sexuallität haben,
dieses jedoch vom näheren Umfeld oft unterdrückt wird.
Wir sprechen alle viel über die Versorgung von Menschen mit Behinderungen, die ja unverhältnismäßig in Abhängigkeit stehen.
Dass ihnen aber auch Sexuallität ermöglich werden soll,
das ist oft immer noch ein Tabu-Thema.“

Dunja Robin: „Und was hat das jetzt mit Zwangsprostitution zu tun?“

Ummahan Gräsle: „Viele Menschen mit Behinderungen, insbesondere Menschen in Einrichtungen der Behindertenhilfe,
können ihre Sexuallität nicht frei wie andere Menschen ausleben.
Und schon gar nicht selbstbestimmt.
Manche probieren dann heimlich praktiken aus, bei denen sie sich nicht selten ernsthaft verletzten.
Andere werden durch die Unterdrückung der Gefühle agressiv und übergriffig.“

Dunja Robin: „Ja, da wären wir wieder beim Thema Gewalt.
Und nun weiß ich, worauf du hinaus möchtest:
Du denkst an Sexual-Assistenz, richtig?“

Ummahan Gräsle: „Genau, gäbe es in Deutschland ein Sexkaufverbot, so müssten viele auf ein Grundbedürfnis verzichten.
Und es hat mich sehr gefreut, dass ganz ohne mein dazu tun, auch auf diesen Aspekt hingewiesen wurde.“

Dunja Robin: „Vielleicht wäre das ja mal ein Thema für den Offenen Treff, der ja am Dienstag sehr schön war, wie ich gehört habe.“

Ummahan Gräsle: „Ja, die Teilnehmerinnen des Offenen Treffs sind sehr vielfältig interessiert, gerade auch an Tabu-Themen.
Denn oft finden sie keine Ansprechpersonen, die sie ernst nehmen.“

Dunja Robin: Aber fragen wir doch erst mal unsere vielen Leser*innen:
Was meinen Sie und denkt ihr denn zu dem Thema?
Über die Beitragsfunktion unseres Blogs darf gerne dazu diskutiert werden!

Stadtteilcheck „Auf Herz und Rampen prüfen“

Am Mittwoch und Donnerstag war Marion Stangl wieder mit dem Projekt „Auf Herz und Rampen prüfen“ unterwegs.

Sie erzählt:
„Dieses Mal waren wir in Allach an der Mittelschule Franz-Nißl-Str. Wir waren in einer 6. Klasse mit 20 Schüler*innen.

Zur Vorstellung zeigten wir unseren Film, der die meistgestelltesten Fragen beantwortet. Kurz darauf fragte mich ein Junge: Wie kam es dazu, dass Sie im Rollstuhl sitzen?

Danach erkundeten wir das Gebiet rund um die Schule. Auf unserem Weg lag ein Schuhgeschäft mit 2 Stufen, in das wir nicht reinkonnten. Wir haben jedoch bei der netten Dame gefragt, ob es eine Rampe gibt. Sie bedauerte dies sehr, berichtete jedoch, dass diese Rampe die Stadt München abgelehnte hat. Ein diesem Beispiel sieht man wieder ganz klar, dass es wie so oft, an irgendwelchen Gesetzen und Vorschriften, liegt.

Die kurzen Feedbacks, die wir nach dem Check bekamen lauteten: „Ich habe verstanden, dass es schwer ist, mit einer Behinderung zu leben oder ich sitze lieber im Rollstuhl, als blind zu sein.“ Gerade die erste Aussage, freute mich sehr, weil ich dann weiß, dass unser Projekt etwas bewirkt hat. Es kamen noch einige Fragen an die Blinden: „Habt ihr ein normales Schlüsselloch an eurer Wohnungstür? Ist es schwierig Blindenschrift zu lernen? Wissen Sie, wie ein Mensch aussieht? Wie gehen Sie einkaufen?“

Am Donnerstag kamen wir nochmal zur Nachbereitung. Da die Jugendlichen und wir am Tag zuvor ganz viele Fotos machten, schauten wir uns diese an und besprachen sie. Hier kommen Bilder und ihre Barrieren: „Begrünte Pflastersteine sind schwierig für Rollstuhlfahrer, Kopfsteinplaster ist schwierig für blinde und Rollstuhlfahrer. Glas-Plastik-Container sind nicht barrierefrei. Wir haben auch besprochen wie man Menschen mit Behinderung hilft. Es gab eine Blindenampel mit Pfeil (die, die Gehrichtung anzeigt) und vibriert, nur leider etwas zu leise. Hier noch einige Fragen an die blinden Menschen:
„Wie unterscheidet man, ob Morgen oder Abend ist?“
„Wie kann ein blinder Mensch an Dinge denken, ohne sie je gesehen zu haben?“
„Wissen Sie wie ein Mensch aussieht?“
„Wie kaufen Sie ein?“

Die Klasse war einfach toll. Ich war überraschst, wie aufgeschlossen sie waren.“

Gemeinsames Mittagessen mit den Kolleg:innen aus der LAG S

Gestern nach der gemeinsamen Büroteamsitzung hatten wir unser zweites gemeinsames Mittagessen mit den Kolleg:innen der LAG Selbsthilfe Bayern e. V., unserem Trägerverein.
Wir treffen uns nun alle 6 Wochen zu so einer gemeinsamen Mittagspause, an der jede:r teilnehmen kann, wenn Zeit und Lust dafür da ist.
So können wir uns alle etwas besser kennenlernen, unsere Bande stärken aber uns auch über wichtige gemeinsame Themen austauschen und Ideen mit einander teilen.
Diesmal haben wir etwa darüber diskutiert, wie wir digitale Medien noch besser für unsere Arbeit nutzen können.
Und gemeinsam über die Frage nachgedacht, ob es bei Hilfsmitteln eigentlich auch, wie in der Medizin, eine Benachteiligung weiblicher Körper gibt, da sich das System eher am männlichen Körper als Standard orientiert.
Wenn unsere Leser:innen dazu Erfahrungen haben wären wir dankbar, wenn auch diese über die Kommentarfunktion mit uns geteilt werden!

Und mit all diesen Gedanken und Erfahrungen wünschen wir nun allen Leser:innen ein gutes, erholsames und hoffentlich auch sonniges Frühlingswochenende!

Und da heute der 5. Mai ist, also der europaweite Protesttag für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, laden wir auch hierzu zur Diskussion ein 🙂

 

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