Positionspapier zur Neugestaltung der Stundenlöhne für persönliche Assistenz im Arbeitgebermodell

20. Januar 2021 / Autor: Karin Winklhofer

Forderung: Gerechte Bezahlung für Assistenten

 

Das Münchner Netzwerk Selbstbestimmt Leben hat in dieser Woche ein Positionspapier zu diesem Thema veröffentlicht, das auf die Ungerechtigkeiten und die Folgen für Menschen mit Behinderung hinweist. (Bericht von: Kobinet) Ohne Assistenten ist ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung in der eigenen Wohnung nicht möglich. Ohne eine angemessene Bezahlung sind diese Pflegekräfte quasi nicht zu finden, oder zumindest nicht in der notwendigen Qualität und Anzahl.

 

Auch der Bayerische Rundfunk berichtete jüngst darüber, dass Menschen mit Behinderung kaum noch Assistenzkräfte finden.

 

Unsere Mitarbeiterin Marion Stangl beschäftigt seit langem ein Team aus Assistenten im Arbeitgeber-Modell und kennt diese Situation aus eigener Erfahrung.

Hier ihr persönlicher Bericht:

 

Es kann einfach nicht sein, dass es Lohnunterschiede in verschiedenen Bundesländern von bis zu 10 € gibt. Von 9,35 € bis hin zu 19 €. Hier würde zumindest meiner Meinung nach eine Staffelung nach Schwere der Behinderung und nach Höhe der Lebenshaltungskosten der einzelnen Stadt, Sinn machen.

 

Ich bin Ende 2008 in meine eigene Wohnung gezogen und brauchte innerhalb von zwei Wochen 10 Assistenten, die bei mir anfangen. Ich habe sie gefunden, damals war das möglich.

Heutzutage suche ich ein bis zwei Monate, um jemanden zu finden, der bei mir arbeitet. Also einen Assistenten oder eine Assistentin.

Die Bewerber haben oft ganz bestimmte Ansprüche: sie wollen nur an bestimmten Wochentagen arbeiten, an anderen gar nicht, nur so und so viele Stunden und bloß keinen Dienst zusätzlich. So verkaufen sie sich zum Teil auf den Portalen, um einen Job zu finden.

Ich habe damals über einen Pflegedienst begonnen, der 10 € die Stunde bezahlt hat. Heute, 12 Jahre später, gibt es gerade mal 3,04 € mehr pro Stunde. Das kann einfach nicht sein! Die Lebenshaltungskosten werden immer teurer, bezahlbare Wohnungen gibt es in München nicht, der krasse Pflegekräftemangel kommt noch dazu.

Pflegeberufe müssen im Allgemeinen viel besser vergütet und dadurch auch attraktiver gemacht werden.

Ich selbst habe ein geteiltes Modell: einmal das Arbeitgebermodell und zum anderen den Vif-Pflegedienst. Über den Pflegedienst bekommen meine Assistenten Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge. Darüber sind aber nur drei von sieben Assistenten beschäftigt. Alle anderen bekommen einfach die 13,04 € pro Stunde, obwohl sie natürlich genauso nachts aufstehen müssen, wenn ich etwas brauche oder an Wochenenden arbeiten.

Es gibt auch kein 13tes Monatsgehalt, sprich Weihnachtsgeld, im Arbeitgebermodell.

Wir Menschen mit Behinderung brauchen uns also gar nicht wundern, dass wir zum Teil kein Personal finden oder nur schlechtes, da das Ganze einfach zu wenig gefördert und zu wenig entlohnt wird. Den Assistenzjob kann jeder machen, egal ob gelernt oder ungelernt. Für manche Menschen mit Behinderung wäre es durchaus sinnvoll, wenn der Assistent vorher eine Schulung hätte. Hier gehen selbstverständlich die Meinungen ganz stark auseinander, weil die Menschen mit Behinderung ihre Angestellten oft auch selber anleiten wollen und jeder hat nun einmal andere Bedürfnisse. Doch manche Assistenten müssen einfach erst einmal lernen die Anweisungen zu befolgen und dabei vor allem: Anweisungen eines Menschen mit Behinderung, der einem ja grundsätzlich unterlegen ist. Natürlich nur körperlich!

 

Noch einmal: Dieser Job „Assistenz“ ist einfach enorm wichtig, damit Menschen mit Behinderung ihr eigenes Leben führen können. Es will glaube ich niemand von uns zurück in eine Einrichtung.

Ich kann mich daher den Forderungen des Positionspapiers nur anschließen!

 

 

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