20 Jahre Netzwerkfrauen-Bayern: Ein Rückblick von Dunja Robin

9. Oktober 2020 / Autor: Dunja Robin

Normalerweise gibt es hier freitags immer unseren Wochenrückblick.Aber es ist gerade eine ganz besondere Zeit für unser Netzwerk:
Jetzt, im Oktober 2020, feiert es seinen 20. Geburtstag!

Ein Stück Brownie mit Kerze, Geschenkschleife und Blumendeko. Darüber das Logo der Netzwerkfrauen-Bayern. Davor steht: Happy Birthday - 20 Jahre

Originalbild von pixel2013, freigegeben zur freien kommerziellen Nutzung unter Pixabay Lizenz. Bearbeitet von Dunja Robin.

Zeit, ein wenig Inne zu halten.
Zeit zurückzublicken auf das, was gemeinsam erreicht wurde.
Und diese Erfolge zu feiern.

Zeit, auch an die Zukunft zu denken:
Was wünschen wir uns alle für unser Netzwerk?
Was sind die nächsten Schritte?
Was hoffen wir, in weiteren 20 Jahren erreicht zu haben?
Dazu laden wir Sie und euch alle in den kommenden Wochen herzlichst ein.
Leider kann es zu diesem runden Geburtstag keinen Festakt wie etwa vor 5 oder 10 Jahren geben.
Wegen der Covid-1Pandemie ist das nicht möglich.
Eine Festschrift erarbeiten wir aktuell.
Und das Feiern holen wir nach!

Aber hier in unserem Blog wollen wir schon jetzt zusammen ins Gespräch kommen.
Dazu können alle, die „etwas zu sagen haben“, ihre Texte bei uns einreichen.
Einfach per E-Mail an die info@netzwerkfrauen-bayern.de.
Karin Winklhofer, unsere Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, hilft gerne beim Formulieren.
Von Oktober bis Ende des Jahres werden wir diese Beiträge dann hier veröffentlichen.
Natürlich kann auch jeder Zeit einfach ein Kommentar zu einem Blogbeitrag abgegeben werden.

Als Leiterin der Geschäftsstelle ist es mir eine besondere Ehre, diesen Austausch mit einem eigenen Beitrag zu eröffnen.
Ich will dabei gewisse Meilensteine – aus meiner ganz persönlichen Sicht – hervorheben.
Aber ich kann und möchte damit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Zum einen könnte ich sonst ein ganzes Buch füllen.
Oder ein Bücherregal…
Vor allem aber kann unser Netzwerk ja gar nicht durch den Blickwinkel einer einzigen Person erfasst werden.
Es lebt ja gerade von den Perspektiven und Taten vieler – das ist seine Natur!
Hier aber, wie gesagt, ein erster persönlicher Ansatz:

Die Geburtsstunde der Netzwerkfrauen-Bayern

Unser Netzwerk hat viele „Mütter“.
Die Gründungsfrauen, über die hier mehr zu lesen ist.
Allesamt Frauen mit Behinderungen, die im Austausch miteinander erkannten:
Wir haben ähnliche Sorgen und Probleme.
Oft sind es die vorgegebenen Strukturen, die es aufzubrechen und zu ändern gilt.
Gemeinsam sind wir stark!
Wir können einander Rat geben, einander stützen und zusammen mit einer lauten Stimme sprechen.

Einige dieser Frauen habe ich leider nie persönlich kennengelernt.
Von Rosi Probst etwa habe ich immer nur gehört, wie leidenschaftlich und auch strategisch klug sie sich für unser Netzwerk einsetzte.
Andere Gründungsfrauen stehen oder standen mir sehr nahe.
Darunter Tanja Miedl, die ich kannte, seit ich als kleines Kind auf ihrem Schoß saß und die ich „große Schwester“ nannte.
Eine sehr gute Freundin und die Frau, die mich selbst an das Netzwerk heranführte.
Indem sie ihre Träume und Visionen mit mir teilte.

Sie alle zusammen hatten nicht nur eine zündende Idee,
sondern sie haben sich dann auch gemeinsam dafür stark gemacht, diese umzusetzen.
Und damit waren sie sehr erfolgreich:
Dank ihres klugen, beherzten und zielstrebigen Vorgehens hat Bayern ein Netzwerk von und für Frauen und Mädchen mit Behinderungen,
das auf die Arbeitskraft hauptamtlicher Fachkräfte zurückgreifen kann.
Und sie alle sind selbst Frauen mit Behinderungen oder chronischer Erkrankung!
Bayern hat ein Netzwerk, das durch Fördergelder vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales ein eigenes Büro als Geschäftsstelle hat und
Projekte umsetzen kann.
Und das im Schulterschluss mit der LAG Selbsthilfe Bayern e. V.,
dem bayerischen Dachverband für die Selbsthilfe behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen arbeitet.
Das alles ist keine Selbstverständlichkeit.
In vielen anderen Bundesländern ist die Arbeit von Netzwerken wie dem unseren sehr viel schwieriger, weil eben diese Ressourcen fehlen.

Als „Geburtsmonat“ gilt für uns der Oktober 2000, weil hier unsere Geschäftsstelle eröffnet wurde.
Damit waren die Netzwerkfrauen handlungsfähig:
Sie hatten eine Postanschrift, ein Büro und eine hauptamtliche Mitarbeiterin, bei der alle Fäden zusammenliefen.
Ute Strittmatter hat diese Stelle von der ersten Stunde an bekleidet und all diese wichtigen Strukturen aufgebaut und mit Leben gefüllt.
Sie hat Kontakte geknüpft und das Netzwerk in wichtige Gremien wie etwa den Landesbehindertenrat und den Landesfrauenrat mit eingebracht.
Sie hat über die bayerischen Landesgrenzen hinaus „genetzwerkt“, etwa mit dem Weibernetz e. V.,
der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.  oder
dem Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V..

Von Ute habe ich sehr viel gelernt.
Und tue es noch!
Denn vieles von dem, was sie tatsächlich geleistet hat, wurde mir erst wirklich bewusst, als ich ihre Aufgaben übernommen habe.
Es sind große Fußstapfen, in die ich da getreten bin!

Das Netzwerk wächst

Aber natürlich hat Ute eben nicht „alles alleine gemacht“.
Da waren, wie schon erwähnt, die Gründungsfrauen an ihrer Seite.
Und das Plenum als demokratische Plattform und Basis des Netzwerks.
Und der vom Plenum gewählte Sprecherinnenrat.
Einige dieser Sprecherinnen, Lieve Leirs und Susie Kempa, sind bereits von Anfang an dabei – und noch heute aktiv im Amt!
Ich ziehe den Hut vor diesem Engagement und freue mich, mit ihnen zusammenarbeiten und von ihnen lernen zu dürfen.
Aber dies gilt natürlich auch für alle Ehrenamtlich, die im Laufe der 20 Jahre mit dazukamen.
Sei es als Sprecherin,
als Buchautorin etwa für unseren Bildband „Weibsbilder von nebenan – Diagnose: 100% Frau!“,
als Aktive bei verschiedenen Fachtagen und Veranstaltungen wie der Lesung zum Weltfrauentag 2020,
als Unterstützerinnen oder gar Leiterinnen von Projekten wie etwa dem von uns geplanten Malwochenende oder
als Frauen, die ihr Wissen mit uns allen Teilen und bereit sind, einander zu stärken und zu stützen.

Das Netzwerk hat wertvolle Verbündete gewonnen.
Verbündete wie etwa Nina Ruge, die uns seit 2003 als Schirmfrau mit Rat, Tat und Herz unterstützt.
Aber auch weitere Freunde und Unterstützer*innen des Netzwerks tragen wesentlich zum Gelingen unserer Arbeit bei.
Ebenso gewachsen ist die Liste an Gremien und Kooperationspartnern.

Auch das Büro-Team der Hauptamtlichen ist in den zwei Jahrzehnten unserer Arbeit angewachsen.
Wo Ute anfangs noch alleine (mit ihrer Arbeitsassistenz) im Büro war
teilen sich nun 5 hauptamtliche Mitarbeiterinnen in Teilzeit die Aufgaben.
Was auch nötig ist, denn es kommen immer neue Aufgaben hinzu – „Langeweile“ ist bei unserer Arbeit ein Fremdwort.
Was wir, gemeinsam mit unseren Verbündeten, in diesem Jahr erreicht haben steht in unserem aktuellen Tätigkeitsbericht.

Wünsche für die Zukunft

Für die Zukunft ist immer noch sehr viel zu tun.
Die gynäkologische und allgemein die medizinische Unterversorgung von Frauen und Mädchen mit Behinderungen muss behoben werden.
Es braucht Gewaltschutzkonzepte und Angebote, die wirklich jedes Mädchen* und jeder Frau* nutzen können.
Noch immer werden Mädchen und Frauen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen diskriminiert.
Noch immer hindern sie Strukturen daran, ihr Leben wirklich selbstbestimmt und gleichberechtigt zu führen.
Zum Beispiel bei der Wahl ihres Berufes.
Zum Beispiel wenn es um die Themen Partnerschaft und Familiengründung geht.
Zum Beispiel wenn mangelnde Barrierefreiheit ihnen den Zugang zu alltäglichen Dingen verwehrt.

Ich wünsche uns, dass gute Gesetze und Konzepte nicht nur auf Papier gedruckt stehen,
sondern im Alltag Anwendung finden und umgesetzt werden.

Ich wünsch mir und uns allen daher weiterhin viel Energie und Kraft und langen Atem.
Ich wünsche uns klare Visionen und sowohl das diplomatische Geschick als auch die nötige Hartnäckigkeit, um diese umzusetzen.

Ich wünsche mir weiterhin ein gutes Miteinander mit allen, die gemeinsam an unseren Zielen arbeiten.
Und ich danke zugleich all den großartigen Menschen, mit denen ich bisher bereits einen Teil dieses Weges gehen durfte.

Ich wünsche uns, dass wir weiterhin offen auf einander zugehen in unseren individuellen Einzigartigkeiten.
Und dass wir weiterhin im Dialog von einander und miteinander lernen.
Zum Beispiel über die verschiedensten Behinderungsarten und was es braucht, um Behinderungen abzubauen.
Ich habe in den letzten Jahren viel gelernt über Leichte Sprache, über das Leben mit Assistenz, Hilfsmittel für Menschen mit Sinnesbehinderungen und vieles mehr.
Aber je mehr ich lerne, desto bewusster wird mir: Das ist nur die Spitze des Eisbergs!

Ich wünsche unserem Netzwerk weiterhin Wachstum!
Ich wünsche mir neue, bessere Wege, durch die unsere Angebote noch zugänglicher werden.
Zum Beispiel durch die Möglichkeit, diese auch digital zu nutzen.
Ich wünsche mir mehr Möglichkeiten für Frauen* und Mädchen*, sich bei uns aktiv einzubringen – und das dafür nötige „Handwerkszeug“.

Und ich wünsche uns, dass wir neben all den Kämpfen, die nötig sind, auch immer wieder Momente der Ruhe und Gelassenheit finden.
Und Zeit, um miteinander Erfolge zu feiern und das Leben zu genießen.

Happy Birthday, Netzwerkfrauen-Bayern!
Danke, dass es dich gibt.
Jede*n Einzelne.

Ein blauer Himmel mit flauschigen Wolken über einem goldenen Getreidefeld. Darüber bilden folgende Worte ein weißes Herz: genieße Liebe, umarme, geh in die Natur, denke, zeige Courage, sei menschlich, geh in die Natur. freue dich an kleinen Dingen, finde zu dir, Gesundheit, Freude, Langes Leben, Glück, alles erdenklich Gute, lebe hoch, große Ziele, Geburtstagskuchen, Klugheit, Toleranz, gute Laune, Güte - HAPPY BIRTHDAY

Bild von stux, freigegeben zur freien Nutzung unter Pixabay Lizenz

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